Blick aus meinem Fenster: Wien-Favoriten im Advent |
Man sollte meinen, 6000
Jahre Patriarchat seien genug. Mitnichten. Weltweit wird mehr denn je
unterworfen, ausgebeutet, materieller und geistiger Müll produziert. Unmöglich,
sich von Lügen-, Betrugs- und Elendesgeschichten frei zu halten. Dafür sorgen
die Medien. Die einen machen mit Betrügereien und Ausbeuterei Geschäfte, die
anderen, indem sie lautstark darüber berichten. Dabei beginnt jetzt die Vorweihnachtszeit.
Der Advent, von dem es noch in meiner Kindheit hieß, er sei die stillste Zeit
des Jahres, in der sich die christliche Welt auf die Geburt des Heilands
vorbereitet, der das Licht der Welt, der Friedensfürst ist.
Das historische Geschehen
dieser Geburt liegt über zweitausend Jahre zurück. Dennoch leben Menschen nach
wie vor in Angst und Schrecken, sie könnten von ihresgleichen unterdrückt, um
Hab und Gut, ja sogar um ihr Leben gebracht werden. Obwohl der Menschensohn,
der für Christen die Manifestation des Göttlichen auf Erden ist, sein Leben für
die Erlösung der Menschheit hingab, war damit menschlicher Gewalttätigkeit
keineswegs ein Ende gesetzt. Wenn wir die historischen Aufzeichnungen der
letzten beiden Jahrtausende betrachten, erweckt es den Eindruck, als entspräche
der alttestamentarische Brudermord der menschlichen Natur mehr als das Gebot
der Nächstenliebe. Es ist das vergossene Blut von Millionen und Abermillionen
Hingeschlachteter, das sich gleich einem roten Faden durch die Menschheitsgeschichte
bis in unsere Gegenwart zieht.
Welchem Nährboden
entsprießt dieser Ungeist, der im Andersseienden, im Andersdenkenden und
Andersgläubigen einen potentiellen Feind sieht, den es gilt, mit allen
erdenklichen Mitteln zu bekämpfen und niederzumachen? Weshalb ist es üblich,
derlei Gräuel – je nachdem welcher Kämpferpartei man angehört – als Heldentaten
zu glorifizieren? Oft stellte ich diese Fragen vornehmlich Männern, die ich für
gescheit und gebildet hielt. Meistens bekam ich sehr rasch und wie aus der
Pistole geschossen die Antwort, das läge in der Natur des Menschen. Es habe
immer Kriege gegeben und werde auch künftig immer Kriege geben. Solche
Ansichten verursachten mir stets Übelkeit ebenso wie die auch heutzutage noch
vielfach vertretene Auffassung, Frauen seien von Natur aus weniger für
Führungspositionen in Politik und Wirtschaft sowie für herausragende Leistungen
in Wissenschaft und Kunst geeignet als Männer, wiewohl es Ausnahmen gäbe. Keine
Ausnahme gibt es hingegen in der katholischen Kirche und auch in vielen anderen
Religionsgemeinschaften, in denen eine ausgesprochene Männergesellschaft
darüber wacht, dass der Hirtenstab nur ja nicht in Frauenhände überwechselt. Und
zwar mit Recht, wie – unter Berufung auf Offenbarungsworte – oftmals behauptet
wird. Mir wollte nie einleuchten, dass dies einem göttlichen Willen entspräche
oder unumstößliches Naturgesetz sei.
Die Welt der Männer – wozu
nahezu alle öffentlichen Bereiche des menschliches Lebens zählen – ist
zumindest für jene, die Führungspositionen innehaben, aber auch für eine große
Anzahl von Mitläufern, eine zweifellos faszinierende. Man könnte meinen, dass
sie – die Männer – die ganze Welt als eine Art überdimensionales Sportstadion
betrachten, in dem sie sich in verschiedenen Disziplinen üben und nach von
ihnen geschaffenen Regeln Wettkämpfe austragen. Dort perfektionieren sie ihre
Fähigkeiten, messen Kraft und Geschicklichkeit, spielen einander den Ball zu,
tricksen einander aus und trainieren nicht nur ihren Sport-, sondern auch ihren
Kampfgeist, da es gilt, die anderen – so sie nicht dem eigenen Team angehören –
zu besiegen.
Und welcher Platz kommt in
einem derartigen Welt- und Lebensszenario den Frauen zu? An dieser Stelle sei
nur eines der zahlreichen Zitate aus der Weltliteratur herausgegriffen:
Der Mann macht sich das Bild des Weibes,
und das Weib bildet sich nach diesem Bild.
(Friedrich Nietzsche)
Wer kennt nicht
dieses vordefinierte Bild? Das Bildnis der alles Verstehenden, alles
Verzeihenden, geduldig Ertragenden, niemals in ihrer Liebe Erlahmenden. Welche
Frau hat nicht versucht, diesem Bild zu entsprechen und erging sich in
Selbstzweifel und Selbstvorwürfen, wenn sie sich in ihren Bemühungen
überfordert fühlte? Man mag nun einwenden, auch der Mann sei bestrebt, einem
vorgegebenen Bild des Männlichen zu entsprechen. Dennoch gibt es hier einen
gravierenden Unterschied. Denn das Bildnis des Mannes wurde von seinesgleichen entworfen.
Die Frau und ihre Stellung in Familie und Öffentlichkeit wurden hingegen von Männern
definiert. Es ist eine Rangordnung, der ein Wertgefälle von Männlich in Richtung
Weiblich zugrunde liegt, was in vielen Gesellschafs- und Glaubenssystemen sogar
bis in die Gegenwart gesetzlich verbrieft ist. In der Tierwelt gilt vornehmlich
das Recht des Stärkeren. Sollte sich der Mensch dahingehend nur geringfügig
oder überhaupt nicht von manchen Tierarten unterscheiden? Sind Menschen immer
auf diese Weise mit ihresgleichen und mit den Gaben von Mutter Erde umgegangen?
Wohin hat uns diese Haltung gebracht, und vor allem, wohin steuern wir auf
diese Weise? Mit einem Wort, es sind die uralten und dennoch aktuell
gebliebenen Fragen, die uns hier beschäftigen. Wer sind wir? Woher kommen wir?
Wohin gehen wir?
Advent,
das ist zumindest in unserem Bereich die Zeit der kurzen Tage und langen
Nächte, weshalb wir ihn auch die dunkle Zeit des Jahres nennen. Advent leitet
sich aus dem mittelhochdeutschen advente ab, das soviel wie Ankunft bedeutet.
In diesem Wort steckt das lateinische venire, das „kommen“ heißt. Mit diesem
venire wurde auch das französische „souvenir“ gebildet, das erinnern heißt. Das
Erwarten einer Ankunft und das sich Erinnern – beides hängt miteinander
zusammen. Wir können nur etwas erwarten, von dem wir zumindest eine ungefähre
Vorstellung haben, da es einer uns innewohnenden Erinnerung entspricht.
Wenn
wir in Zeiten der Stille in uns gehen, woran erinnern wir uns? Worauf hoffen
wir? Unsterblich sind die Paradiesträume der Menschheit von einem Leben in
liebender Eintracht, egal ob sie nun als Vision in einer fernen Zukunft oder in
der eines versunkenen Goldenen Zeitalters angelagert sind. In jedem
Kulturbereich haben Mythen und Sagen überlebt, durch die Erinnerungen an ein
wunderbares Leben in weit zurückliegender Vorzeit im kollektiven Unterbewusstsein
wachgehalten werden, so dass die Hoffnung, irgendwann beziehungsweise irgendwo
das verlorene Paradies oder – wie die Kelten es nannten – das blühende Reich
Logres wiederzufinden, niemals endgültig schwand.
Es
erweckt tatsächlich den Eindruck, als träumte die gesamte Menschheit seit
Tausenden von Jahren den gleichen Traum, als erschaute jeder einzelne Mensch
ähnliche archetypische Bilder, wenn er den Sinn des Daseins hinterfragt. Es
heißt, dass Menschen, die keine Träume haben und unfähig sind, ihre Ängste,
Befürchtungen und Sehsüchte in verständlichen Bildern sinnvoll auszudrücken,
krank werden. Ebenso ergeht es einer Gesellschaft, der die Fähigkeit abhanden
gekommen ist, einen kollektiven Traum wahrzunehmen und darauf mit sinnvollen
Handlungen zu reagieren. Sie ist krisenanfällig, je nach Gutdünken einiger
weniger manipulierbar und nicht in der Lage, sich selbst zu heilen.
Kranksein bedeutet,
aus einer Ordnung, aus einer harmonisch funktionierenden Ganzheit
herausgefallen zu sein. Wir leben in einer solcherart kranken Gesellschaft, die
unter der Gespaltenheit der Geschlechter leidet, was ihren Niederschlag in der
Politik, in der Wirtschaft, Wissenschaft und einer einseitigen
patriarchalisch-technokratischen Arbeitswelt findet. Die Quelle des Unheils ist
weniger in der Polarisierung von Kräften zu sehen, sondern in deren
unausgewogener Wirksamkeit.
Wir wissen heute auf
Grund prähistorischer Funde, dass unser Glaube an eine friedliche Koexistenz
der Geschlechter kein utopischer Traum ist. Bereits 6000 v. Chr. siedelten im
Donauraum Menschen, die vom Ackerbau und in geordneten sozialen Strukturen
miteinander lebten. Da damals als oberstes göttliches Prinzip die Große Göttin
als Spenderin und Erhalterin des Lebens verehrt wurde, hatte das natürlich eine
hohe Wertschätzung des Weiblichen zur Folge, was jedoch nicht bedeutete, dass
die Frau im Gemeinschaftsleben über den Mann dominierte.
Die Wertschätzung
allen Lebens, Lebenserhaltendem und Lebensspendendem prägte die Haltung und
Lebensgestaltung dieser Menschen, auch ihre technologischen Errungenschaften,
die der Erleichterung der täglichen Arbeit und würdigen Verehrung der Großen
Göttin dienten. Diese friedliche Koexistenz in fruchtbaren Tälern des alten
Europas währte einige Jahrtausende, bis sie etwa 3500 bis 3000 v. Chr. durch
den Einfall bewaffneter Nomadenstämme, die auf der Suche nach fruchtbaren
Weiden für ihre Herden aus dem fernen Osten – von jenseits des Schwarzen Meeres
– kamen, ein Ende fand. Archäologen vermuten, dass diese Okkupationen durch das
unvermutete Auftreten von berittenen Menschen als Waffenmaschinen zu einem
tiefgreifenden Wandel geführt haben, der schlussendlich in der Entthronung der
Großen Göttin durch männliche mit Blitz und Donnerkeil ausgestattete Gottheiten
gipfelte und das Ende einer egalitären Gesellschaft bedeutete.
Das Auftreten der
Bedrohung von Menschen durch Menschen brachte es unter anderem mit sich, dass
die körperlich stärksten Männer, die meist auch die brutalsten waren, als
Anführer galten. Macht bedeutete nicht länger, Leben zu geben und zu erhalten,
sondern es auslöschen zu können. Durch die Ablösung des Matriarchats durch das
Patriarchat wurde die Entwicklung von Technologien fortan zur Männersache. Es
ging nicht länger ausschließlich darum, Werkzeuge und Gegenstände für den
täglichen Gebrauch zu produzieren. Kampferprobte und kampfbegierige Männer
benötigten todbringende Waffen. Heute erleben wir die logische Konsequenz
dieser Jahrtausende andauernden Entwicklung, die uns außer vielen durchaus
begrüßenswerten technischen Errungenschaften nukleare und biologische
Vernichtungswaffen beschert hat.
Wir blicken also auf
eine etwa 6000 Jahre dauernde Entwicklung zurück, die sich unter männlicher
Dominanz vollzogen hat. Erst durch archäologische Funde im letzten Jahrhundert
weiß man, dass es eine Gesellschaft ohne Patriarchat gegeben hat. Dadurch wurde
der Glaube an die Universalität patriarchalischer Familien- und
Gesellschaftsstrukturen ernsthaft erschüttert und althergebrachte
Denkschablonen sowie Glaubensbilder, wozu auch das mit dem Attribut des
Männlichen ausgestattete monotheistische Gottesbild gehört, in Frage gestellt.
Viele Jahrtausende
führten Frauen als gewissermaßen zweitrangige Menschen ein Leben, das ihnen
weder erlaubte über sich selbst noch über Sachwerte im eigenen Namen zu
verfügen. Wenn wir die in Schulen unterrichtete Menschheitsgeschichte vom
Altertum an betrachten, so können wir nicht umhin, sie als ein Pathos
einseitiger Männlichkeitsverherrlichung zu bezeichnen. Für Frauen, eine lange
Epoche der Existenz auf der Schattenseite des Lebens, die ich als die dunkle
Zeit oder Adventzeit der Menschheit bezeichne, die nicht nur dem weiblichen
Geschlecht, sondern dem gesamten Menschengeschlecht unsagbares Leid bescherte.
Trotz massiver Bemühungen, den Glauben an die vorpatriarchalische
Große Göttin auszulöschen, blieb in den meisten Gesellschafts- und
Glaubenssystemen eine gewisse Wertschätzung des Weiblichen erhalten. Andernfalls
hätten diese Systeme und die Menschheit wohl kaum eine Überlebenschance gehabt.
Das betrifft auch die katholische Kirche.
Die matriarchale
Triade ist ein archetypisches Bild, das – allerdings auf männlich umpolarisiert
– in der christlichen Trinität von Gottvater, Gottsohn und Heiliger Geist
weiterlebt. Dennoch gibt es in dieser Vaterreligion eine Art Muttergöttin, seit
Maria im Jahr 421 n. Chr. am Konzil zu Ephesos zur Gottesgebärerin, also zur
Gottesmutter, erklärt wurde. Obwohl die leibfeindlichen Kirchenväter nichts
unversucht ließen, die Heilige Jungfrau zu entsexualisieren, wurden diese
Bemühungen in der religiösen Kunst durch realistische Darstellungen der
Schwangerschaft Mariens und wie sie das Jesuskind stillt wenigstens
einigermaßen wieder ausgeglichen. In gewissem Sinn wurde die lebensspendende
und nährende Funktion der Alma Mater, der Großen Mutter, auf sie übertragen.
Das einfache Kirchenvolk kümmerte sich wenig um scholastische Spitzfindigkeiten
und verehrte in der christlichen Gottesmutter, wenn auch unbewusst, die große
Göttin, die als Himmelskönigin Trost und Hilfe spendet.
Es gibt im Musée du
Cluny in Paris eine Marienstatue (siehe li. Abb.), deren Körper man wie die
Türen eines Flügelaltars öffnen kann, wobei im Leib der Madonna Gottvater und
der gekreuzigte Jesus zum Vorschein kommen. Die sich öffnende Heilige Jungfrau
als Gebärerin des Sohnes und des Vaters. Eine Trinität, in der das Symbol des
Heiligen Geistes fehlt. Geist heißt im Hebräischen „Ruach“ und ist weiblichen
Geschlechts. Sollte er in dieser Darstellung etwa durch Maria repräsentiert
werden? Maria, das heilige Gefäß, das in der christlichen Mystik zum lebendigen
Gral wurde, der das Blut und die geistige Essenz Christi enthält.[1]
Auch die
jungfräuliche Geburt des Gottessohnes hat Jahrtausende alte Vorbilder. So
gebiert zum Beispiel die ägyptische Göttin Hathor allmorgendlich den Sonnenball
aus jungfräulichem Leib. Die Jungfräulichkeit der Göttin hat allerdings nichts
mit Sexualfeindlichkeit zu tun, sondern ist Ausdruck weiblicher Vollkommenheit,
aus der heraus sie gebiert.
Viel Kopfzerbrechen
bereitete es dem christlichen Klerus, die Mutter Jesu von dem Makel des
Sexualaktes, der eng mit der Erbsünde verknüpft ist, reinzuwaschen. Galt doch
gemäß den Schriften des Thomas von Aquins der Geschlechtsverkehr als
schändliche Befleckung. Maria konnte also nur durch den Heiligen Geist
empfangen haben, andernfalls wäre auch der durch sie geborene Erlöser mit
Unreinheit behaftet worden. Doch damit nicht genug. Die Diskussionen gingen
weiter. Um auch Maria von der Erbsünde zu befreien, wurde am 8. Dezember 1854
von Papst Pius IX das Dogma ihrer unbefleckten Empfängnis verkündet, was
besagt, dass auch Anna, Marias Mutter, von Unreinheit freigesprochen wurde und
ihr Kind trotz natürlicher Zeugung und Geburt vom Makel der Erbsünde bewahrt
worden ist. Ja, über solche Fragen haben sich Verantwortliche der Christenheit
Jahrhunderte lang den Kopf zerbrochen, da für sie weibliche Vollkommenheit nur
unter Aberkennung der Geschlechtlichkeit vorstellbar war und – diesen Eindruck
habe ich - auch heute noch ist.
Doch all die patriarchalischen
Umkehrungsversuche konnten im Laufe von Jahrtausenden die archetypischen Bilder
des geist- und lebensspendenden weiblichen Aspekts von Göttlichkeit niemals
gänzlich verdrängen. Wir alle tragen diese Bilder in uns, ebenso wie die
Überzeugung, dass Menschen einander nicht unbedingt bekämpfen und ihren
Heimatplaneten restlos ausbeuten müssen.
Jeder Mensch erinnert
sich an seine Kindheit. Desgleichen gilt für die gesamte Menschheit. Im
kollektiven Unterbewusstsein sind Erinnerungen an die Kindertage der Menschheit
gespeichert, da Frauen und Männer unter dem Schutz und der Obhut der Großen
Göttin sich in den Grundregeln eines friedlichen Zusammenlebens übten und
dankbar für die Gaben der Natur waren. Als allerdings die Pubertät einsetzte,
wollten die Menschenkinder ihre Kräfte messen und nach anderen Gesetzen leben,
was zur Folge hatte, dass die stärksten Buben das Ruder übernahmen und bis
heute nicht mehr aus den Händen gegeben haben. Gegenwärtig nehmen wir bestürzt
zur Kenntnis, wohin wir durch hemmungslose ökologische Ausbeutung, Expansions-
und Aggressionslust geraten sind. In einer durch wirtschaftliche und politische
Verflechtungen klein gewordenen Welt haben wir Grenzen erreicht, die zu überschreiten
keineswegs ratsam ist. Nicht nur einzelne Völker, sondern die ganze Menschheit
steckt in einer massiven Krise.
Es wäre sicherlich
gefehlt, das Rad der Zeit oder Geschichte zurückdrehen zu wollen und das Heil
in einer matriarchalischen Gesellschaftsordnung zu suchen. Das hieße für die
Menschheit, in ein frühkindliches Stadium zurückzufallen. Wir sollten uns
jedoch der Notwendigkeit stellen, erwachsen zu werden. Das bedeutet, dass wir
das Pubertätsstadium, also das Patriarchat, in dem das Menschengeschlecht noch
immer steckt, überwinden und uns endlich zu erwachsenen Menschen entwickeln.
Frauen gleichwie Männer.
In der Bibel steht
geschrieben, Gott habe den Menschen als Mann und Frau geschaffen. Was bedeutet
das? Kann man aus dieser Bibelstelle nicht herauslesen, dass der Mann oder die
Frau - jeder für sich - nur eine halbe Portion, einen halben Aspekt des
Menschseins repräsentiert? Das deckt sich mit neuen wissenschaftlichen
Erkenntnissen, wonach sich Frauen und Männer nicht nur körperlich, sondern, wie
man aus der Gehirnforschung weiß, auch in ihrem Fühlen und Denken voneinander
unterscheiden. Es wurde nachgewiesen, dass Frauen eher rechtshemisphärisch und
Männer linkshemisphärisch denken. Demnach ergeben sie gemeinsam ein
idealtypisches Ganzhirn-Profil. Und man kann es sich in unserer Zeit der allgemeinen
Strukturkrise kaum erlauben, auf Ganzhirn-Management und Ganzhirn-Gruppen zu
verzichten. Für die Gestaltung einer menschenwürdigen Zukunft ist nicht das
männliche oder das weibliche Geschlecht gefordert, sondern das gesamte
Menschengeschlecht.
Advent, die dunkelste
Zeit des Jahres, da wir die Geburt erlösenden Lichts herbeisehnen. Wird uns
dieses Licht leuchten? Das Licht neu erwachenden Lebens, das Licht eines friedvollen
Zeitalters? Wollen wir als Menschheit auf dem Planeten Erde überleben, wird es
wohl notwendig sein, dass wir zu wahrem Menschsein erwachen und auf eine Art
und Weise zusammenleben, in der patriarchalische Führungsansprüche ebenso wenig
zu suchen haben wie die Forderung nach einem Matriarchat, das Männer ausgrenzt.
Ich lausche in die
Stille. Harre aus in der Dunkelheit und warte, dass ich das Licht sehe, wenn es
in der Finsternis aufleuchtet.
[1] Weiterführende Literatur:
Baumer, F.: Der Kult der Großen Mutter. Schauplätze einer mystischen Welt.
Langen Müller, 1953.